Heute machen wir Urlaub! Haben wir so beschlossen. Idee wurde gewälzt und für gut befunden. Also schlafen wir erstmal aus.

Ich setze mich direkt nach dem Aufstehen an den Laptop, um die Ereignisse der letzten zwei – relativ  ereignislosen – Tage festzuhalten, während Tino duschen geht und uns dick Sandwiches macht. Ich liebe ihn dafür! Keiner macht so geile Sandwiches wie Tino!!! Und hier haben wir echt alles dafür gefunden: Toastbrot OHNE RAND, Serrano-Schinken, Hähnchenfilet, Gouda in den exakt selben Maßen wie das Toastbrot, frischen Salat, aromatische Gurken und Tomaten und sogar die perfekte HP-Barbecue-Soße. Ein Traum!

Während ich also fröhlich auf dem Surfy rumtippel, wuselt Tino in der Gemeinschaftsküche unserer Etage rum. Artig mit Mundschutz, versteht sich. Und als er mir sein Werk dann präsentiert, könnte ich ihn abknutschen!

Die Sandwiches sehen aus wie aus dem Lehrbuch und mit der Barbequesauce hat er sogar ein kleines Herz daneben gemalt. Und es schmeckt so gut, wie es aussieht.

Gut gestärkt gehen wir dann los Richtung Strand. Aber natürlich nicht, ohne uns vorher in unsere Badesachen zu schmeißen! Wobei … ‚schmeißen‘ ist auch nicht ganz das richtige Wort. Bei dem Akt, den ich betreiben musste, um in mein Tankini-Oberteil zu kommen, hätte man meinen können, ich beschwöre irgendeinen heidnischen Regengott oder so… Hätte ich Tino nicht dabei, würde ich vermutlich für immer undefiniert in diesem Teil feststecken.

Den Weg zum Strand schwitze ich, als gäbe es kein Morgen. In Badesachen, über denen man normale Klamotten trägt, mit Rucksack auf dem Rücken und Maske im Gesicht. Na Hallelujah.

Als wir dann endlich ankommen, sabbere und schwitze ich dem Meer so sehr entgegen, dass ich bei dem Flüssigkeitsverlust längst als verschrumpelte Rosine hätte enden müssen. Nur leider beschließt mein Herr der Schöpfung, dass der sich uns präsentierende Strandabschnitt nicht der richtige für uns ist. Ich frage mich immer noch, woran man so was festmacht?

Da war Sand, Platz, Wasser, keine Steine… Alles schick eigentlich. Aber nein. Tino mag da nicht. Also fließe ich hinter ihm her die Promenade entlang und hoffe, dass wir bald eine geeignete Stelle finden. Oder dass ich sterbe. Was auch immer zuerst eintrifft, soll mir Recht sein.

Als wir endlich einen geeigneten Platz gefunden haben, bleibt es mir dennoch verwehrt, direkt in’s Wasser zu stürmen. Ungeachtet meiner Körpertemperatur von mittlerweile kuscheligen 86°C beschließt Tino, dass ich kurz hier warten und unseren Platz verteidigen muss, damit er sich ein Handtuch kaufen gehen kann.

Ja, richtig gelesen. Ein Handtuch. Für den Strand. Er hat sich nämlich keines mitgenommen.

Also sitze ich da und schmore in meinem Saft, während ich darüber grübele, wie sehr wohl die salzhaltige Luft zu meiner Dehydrierung beiträgt. Mein Ergebnis lautet: Sehr.

Als Tino endlich wieder zurück ist, können wir endlich in’s Wasser. Die Wassertemperatur liegt bei 22°C. Meine Körpertemperatur irgendwo bei 90°C.

Kennt ihr das, wenn man stark erhitztes Glas urplötzlich unter fließendes, kaltes Wasser hält? Ich befürchte, ich habe jetzt einen Sprung mehr in meiner Schüssel…

Nachdem ich wieder eine normale Temperatur erreicht habe, verlasse ich das Wasser und lege mich auf mein Handtuch. Ich schaue Tino beim Planschen zu und mache uns Musik über die Box an. Als er sich irgendwann zu mit gesellt, beobachten wir Leute, philosophieren über die unbeschwerte Bereitschaft von Kindern, sich ausgiebig in Sand zu panieren und diskutieren den derzeitigen Stand der Tide. Es ist übrigens Ebbe.

Währenddessen wenden wir uns immer wieder. Tino hat sich sogar artig mit Sonnenmilch eingeschmiert. Als ich dann auch noch entdecke, dass der schwarze Anteil des Sandes ferromagnetisch ist, bin ich endgültig hin und weg! Für alle, die es nicht wissen: Ich habe im linken Ringfinger einen Magneten. Den habe ich mir vor etwa 2 Jahren zum Geburtstag gewünscht und alle Freunde und Familienmitglieder haben für mich zusammengelegt, damit ich mir den implantieren lassen kann. Und ich LIEBE meinen Magneten! Ich bin de facto ein Cyborg!

Egal. Jedenfalls: Beim Spielen mit Sand fällt mir irgendwann auf, dass an der Stelle, wo mein Magnet sitzt, schwarzer Sand hängt. Sehr penetrant. Beim ersten Mal denke ich noch, ich hätte in irgendwas reingefasst. Als mir allerdings ein Licht aufgeht, was da gerade los ist, freue ich mich wie ein kleines Kind zu Weihnachten! Das ist dann auch Anlass genug für mich, mir den Deckel von der Sonnenmilch zu schnappen und diesen anhaftenden, schwarzen Sand darin zu sammeln. Jeder der mich kennt, weiß, dass ich mit so einer stupiden Arbeit gut und gerne Stunden zubringe. Hingebungsvoll und mit einer Engelsgeduld. Das tue ich dann auch. So circa eine Stunde lang. Ich würde auch noch weiter machen, aber mein Gefäß ist leider irgendwann voll und ich habe keine Alternative. Also wälze ich mich noch etwas in der Sonne und sehe Tino beim Planschen zu. Mit voranschreitender Ebbe werden immer mehr Steinformationen im Wasser freigelegt. Ein besonders großes Exemplar von Fels zieht mein Spielekind natürlich an wie das Licht die Motten, weshalb er hinschwimmt und draufklettert. Er sieht glücklich aus, wie er da in seine kleine Erkundungstour dieses Stück Steins vertieft ist. Nach einiger Zeit kommt er zurück und berichtet mir von seiner Entdeckung, dass da Krabben an der horizontalen Wand des Felsens haften. Seine Begeisterung ist echt niedlich.

Irgendwann wird uns allerdings langweilig und zu warm, weshalb wir dann wieder nach Hause wollen. Dort angekommen stellen wir mit Schrecken fest, dass Tino sich den Sonnenbrand des Todes eingefangen hat. Die einzigen unbelasteten Stellen sind seine Füße und die Kronjuwelen. Ich kann es mir nicht klemmen und mache im Bad ein Foto von ihm. Ich nenne dieses Kunstwerk „Krebs auf weißem Grund“.

Ich schicke ihn duschen und gehe zu unserem Supermarkt, um Joghurt zu besorgen. Was sich unerwarteterweise als echte Herausforderung herausstellt. Es gibt hier praktisch keinen Naturjoghurt!!! Nur irgendwelchen Kram aus Joghurt, Milch und Gelatine. Und JEDER davon, auch die, die sich „Natur-Joghurt“ schimpfen (!!!), sind gezuckert. GEZUCKERT! Ich meine… Dafuq?!

Was zum Kuckuck soll daran ‚Natur‘ sein? Die Plastikverpackung?!?

Aber ich bin ja ausdauernd. Also suche und suche und suche ich. Und finde irgendwann in einem kleinen, stiefmütterlich behandelten Kühlregal einen echten Naturjoghurt. Aus Kuhmilch. Allerdings Bio und Öko und Fairtrade.

Erfahrungsgemäß ist hier eigentlich alles günstiger als zuhause, aber dieser Joghurt im Glas kostet satte 3,28€!!! (Ja, die haben hier schräge Preise…) Das ist heftig. Aber ich komme gar nicht darauf, das in Frage zu stellen! Mein Schatz sitzt zuhause und leuchtet in den schönsten Signalfarben! Ich weiß, dass Joghurt hilft. Und wenn das blöde Zeug 8€ kostet, es ist mir das Wohl meines Engel(mann)s allemal Wert! Also kaufe ich die überteuerte, schlecht gewordene Milch.

Aber weil dieses 500g-Glas wohl kaum so lange halten wird, wie er es bräuchte, suche ich gleich auch noch nach Aloe-Vera-Gel als Alternative. Leider gibt es hier nichts dergleichen. Ich finde lediglich ein Aloe-Vera-Fußgel, dass ich einfach zweckzuentfremden beschließe.

Als ich zurückkomme, stelle ich entzückt fest, dass mein Schatz uns schon wieder Sandwiches gemacht hat. Dafür hat er sich meiner Meinung nach eine FETTE Portion Liebe verdient, aber ich kann ihn schlecht mit Sonnenbrand flachlegen… Also genieße ich das Sandwich und streiche ihn danach ausgiebig mit Bio-Öko-Fairtrade-im Glas abgefüllt-Joghurt ein. Während ich den Löffel liebevoll über seine Haut gleiten lasse, fühle ich mich ein bisschen, als würde ich eine Torte eindecken. Ich kann mich dem Gefühl aber nicht lange hingeben, denn ich habe plötzlich ein gravierendes Problem: Tino verkündet lautstark „Boah, ich rieche so gut! Ich hab Bock, mich selber zu essen!“ und fängt allen Ernstes an, sich den Joghurt von der Haut zu schlecken!

Ich verbiete ihm häufiger das Naschen als sonst in einer ganzen Woche zuhause. Leider juckt ihn das herzlich wenig. Und ich stehe hilflos schmierend daneben und ringe mit mir, ob ich ihm jetzt einfach auf seine verbrannte Haut hauen soll, oder ob das ZU gemein wäre. Schlussendlich liegt meine Tino-Torte mit Joghurt eingedeckt auf dem Bett und guckt einen Film auf seinem Handy, während ich ein bisschen am Computer sitze.

Der Joghurt ist eine knappe Stunde später schön eingezogen. Also gehen wir duschen. Ich helfe ihm mit den Joghurtresten auf seinem Rücken und gönne mir anschließend selbst eine kleine hypotone Spülung meiner Salzkruste. Leider ist meine Haut immer etwas langsamer, was so Reaktionen angeht. Also stelle ich jetzt erst fest, womit ich schon gerechnet habe: Auch mich hat es erwischt. Beileibe nicht so schlimm wie mein Kartoffelkind, aber dennoch ist da ein bisschen Sonnenbrand auf den Schultern.

Gut, ich habe mich auch absolut nicht vor der Sonne geschützt. Da ist das nur recht und billig. Aber auf den Schultern?! Das ist so dermaßen gemein und fies für uns BH-Träger! Und meine arme Schulterhaut muss ja auch immer ziemlich was buckeln… Traurig besehe ich meine Haut und entschuldige mich vorsorglich für das beharrliche Tragen eines BH’s. Nicht, dass meine Haut mir antworten würde, aber es fühlt sich doch irgendwo gut an, bei sich selbst Abbitte zu leisten.

Ich beschließe an dieser Stelle, dass es jetzt Zeit für das Fußgel wird! Für uns beide. Also Tino und mich. Wir schmieren uns also gegenseitig großzügig ein und beim Schmieren steigt mir bereits ein Duft vom Gel in die Nase, der nichts Gutes verheißt: Es riecht nach Eukalyptus und einem Hauch von Menthol. Es kommt, wie es muss und Tinolein quengelt die nächsten 15 Minuten, dass es gleichzeitig brennt und kalt ist an der Haut. Er hat für die nächsten 2 Stunden dann auch eine Dauergänsehaut, die nicht sehr angenehm ist, aber wohl sein muss.

Wir beschließen, unseren Plan vom ersten Tag jetzt endlich umzusetzen und die ganzen neuen Pokestops in unmittelbarer Nähe abzugrasen! Für die, die damit nichts anfange können: Für das Drehen eines Pokestops in Pokemon Go, den man noch nie besucht hat, gibt es satte Erfahrungspunkte! Und wir wollen das hier machen! Alle Pokestops drehen und dank eines Items namens Glücksei sogar die doppelte Menge an Erfahrungspunkten abstauben! Da Tino schon angekündigt hat, dass er nicht mehr lange wird wach bleiben können, machen wir uns gleich auf. Eine Stunde später sind wir jeweils um satte 100.000 EP (Erfahrungspunkte) reicher (Das ist sauviel! Für einen neuen Pokestop gibt es an sich „nur“ 250 EP) und glücklich. Tino etwas weniger als ich, weil ihm gleichzeitig heiß und kalt und müde ist. Also treten wir den Heimweg an. Wir wissen: Das wird nicht die einzige Pokemon-Erkundungstour bleiben! Schließlich muss man so eine Möglichkeit ja nutzen. Und da wir noch so einiges an Pokestops vor uns haben und uns momentan eher sowieso nicht in die Sonne wagen sollten, steht der Plan für morgen auch schnell fest: Wir werden den nächsten Tag einfach verschlafen und uns abends weiter dem Projekt Pokemon widmen! Ewig wird der Sonnenbrand schließlich nicht halten und danach kann uns die böse, kanarische Sonne eh kaum noch etwas anhaben!

Wobei Tino mich beim Schlafengehen doch noch ziemlich böse anguckt. Meine Zigeunerhaut hat nämlich bereits damit angefangen, das ungesunde Rot in ein sehr urlaubsmäßiges Braun zu verwandeln…