Ihr wollt Bilder? Bekommt Ihr. Am Ende des Textes ;-)
Sooooo…. Wie sind wir jetzt schon wieder hier gelandet? Waren wir hier nicht schonmal? Jupp.
Auf Sansibar, gegen Ende unserer Zeit dort, galt es zu entscheiden, wohin als nächstes. Klarer Fall: Wir wollten nach Mexiko! Blöderweise wollte der Rest der Familie uns da nicht sehen. Also haben wir nach einem kleinen, familieninternen Shitstorm entschieden, uns dem Willen der Gruppe zu beugen. Gruppenzwang ist schon was Feines 😉
Also haben wir das Nächstliegende gewählt: Kreta. Warum? Wir wollten hier eh nochmal her. Das hat mehrere Gründe:
- Wir haben eine Hündin im Dogshelter adoptiert, die wir noch abholen und erziehen müssen.
- Wir haben uns in die Insel verliebt und hätten hier gern eine Art kleines Urlaubsdomizil. Dafür braucht es aber ein Grundstück mit einer Unterkunft darauf. Darum wollen wir uns kümmern.
- Hier ist warm. Hier ist schön. Die haben Tsatsiki, Uzo, Souflaki, Meer, Sonne, Strand und Palmen. Das spricht halt für sich.
Wie geplant, so gebucht. Mit einem One-Way-Ticket soll es hingehen. Wir werden vermutlich (!) so Anfang / Mitte August zurück kommen. Aber sicher sind wir uns da noch nicht. Da das eine sehr lange Zeit ist (5 Monate), habe ich mich geweigert, wieder ohne Feivel zu fahren.
Als wir nämlich aus Sansibar zurückgekommen sind, hat er mich beinahe 3 Tage mit dem pelzigen Po nicht mehr ansehen wollen. Und ich konnte es ihm nicht mal verübeln. Er hat alles Recht der Welt, eingeschnappt zu sein. Aber weh tut es trotzdem. Mein armes Häschen kann schließlich nichts dafür, wenn Mutti der Hafer sticht. Und so sehr ich es allen Menschen meines Umfeldes erklären kann, versteht er es eben NICHT. Dass ich „nur reise“, „bald zurückkomme“, ihn „liebhabe“, „an ihn denke“. Und wenn ich in den letzten (beinahe 9) Jahren etwas über meinen Hund gelernt habe, dann, dass er nach folgender Prämisse lebt: „Lieber bei Wind, Wetter, Langeweile, Unwegsamkeiten oder Obdachlosigkeit bei Michi, als bequem und warm ohne sie!“
Fragt mich nicht, was bei ihm kaputt ist. Ich habe aufgegeben, es verstehen zu wollen. Er hat eben so entschieden und jetzt müssen wir beide damit leben. Hieß für mich: Hund muss diesmal mit!
Und ehrlich? Alle Welt reist mit Hund. Also reiße ich mich zusammen, schmiede den Plan und stelle fest: Ich habe tierisch Bammel davor, mit ihm zu fliegen! Seinetwegen natürlich. Ich kenne das ja schon. Er kennt das aber überhaupt nicht! Mein armes Baby. Allein in einer Kiste. Im Frachtraum. Im lauten Flugzeug. Mit Druckschwankungen. Um Gottes Willen, was tue ich ihm da bloß an?!?
Ich recherchiere wie eine Bekloppte. Durchstreife das Internet nach Tipps und Erfahrungsberichten. Und was soll ich sagen? Das ist wie Symptome googeln. Eine beschissene Idee! Ich lese von verschwundenen Tieren. Von Tieren, die vom Stress hops gegangen sind. Von Tieren, die völlig woanders ankommen als ihre Besitzer.
Großartig. Da bekommt man doch Lust, das durchzuziehen.
Wie mit unerklärlichen Symptomen lege ich den Computer irgendwann beiseite und beschließe, stattdessen den Arzt zu fragen. In meinem Fall den Tierarzt. Sie erklärt mir dann auch geduldig, dass ich mir keine Sorgen machen brauche, solange ich nicht mit Russian Air fliege. Die verbummeln wohl viele Tiere unterwegs. Davon abgesehen spricht aber nichts dagegen. Viele ihrer Patienten reisen. Aber niemals mit Beruhigungsmitteln! Der Hund hat nämlich trotzdem Stress. Und wenn er den körperlich nicht loswerden kann (hecheln, jaulen, trinken), hat er noch mehr Stress und könnte einen Herzkasper davontragen. Also gewöhne ich auf ihre Anweisung Feivelchen an seine Transportbox. Tino hat ihm die bestellt. Und die ist gigantisch! Nach internationalen Richtlinien der Fluggesellschaften muss der Hund genug Platz darin haben, zu stehen, zu liegen und sich umzudrehen. Und Feivel ist ja kein kleiner Hund. Dementsprechend groß ist seine Box. Ernsthaft. Da kann ICH mich locker reinknuddeln, falls ich mal eine Nacht meine Ruhe will! Was tut man nicht alles für den geliebten Vierbeiner …
Man tut viel.
Zum Beispiel einen Haufen Kohle für die Flugtickets zahlen. Denn nicht jede Airline nimmt Hunde mit. Und dann muss das Flugzeug für die Strecke natürlich auch eines mit beheiztem Frachtraum sein. Wird ja sonst unmenschlich kalt da unten. Also fliegen wir nicht mit Easyjet für 30€ pro Nase. Nein. Wir fliegen mit Aegean. Und zahlen allein für den Hund saftige 160€.
Aua.
Und dann kommt Tag X. Die Taschen sind gepackt, der Hund ist an die Box gewöhnt. Alles Große schmeißen wir am Vortag schon zu Mama in’s Auto. Am Flugtag fahren wir (Tino, Feivel, ich – alle brav mit Maulkorb) mit den Öffis zu Mamas Arbeit. Und lassen uns zum Flughafen kutschieren. Mit jedem Meter näher zum Flugzeug geht mir der Arsch mehr auf Grundeis. An sich gibt es nichts, über das ich mir Sorgen machen müsste. Wir haben negative Corona-PCR-Tests, Flugtickets, gültige Reisepässe, durchgeimpften Hund mit Ausweis, Mikrochip und Akzeptanz für seine Kiste. Alles gut.
Eigentlich.
Uneigentlich möchte ich dem Bodenpersonal meinen Hund nicht anvertrauen. Die kennen ihn nicht, er kennt sie nicht. Mein Hund ist da drin alleine. Alleine in einem Flugzeug, das ich ihm noch nie von innen zeigen konnte. Er kennt es einfach nicht. Und wenn es laut wird, ist er ein kleiner Schisser. Außerdem weiß ich, wie Bodenpersonal gerne mal mit Gepäck umgeht. Ich kann nur inständig hoffen, dass die das nicht auch mit meinem Hund so machen.
Nervös laufe ich mit Feivel vor dem Flughafengebäude auf und ab und rauche mich dumm und dusslig. Ich versuche, cool zu bleiben. Lese, Esse, unterhalte mich. Ich weiß, dass Feivel von meiner Nervosität nichts mitbekommen darf. Also bleibe ich cool. Es klappt soweit auch gut. Wir checken ein und bekommen gesagt, dass wir den Hund beim Sperrgepäck abgeben sollen. Dort schicken sie seine Kiste durch so eine Durchleuchtemaschine, eher er reingesperrt und abtransportiert wird. Ich gucke traurig hinterher. Feivel sieht unglücklich aus. Er versteht die Welt nicht. Warum laufe ich nicht hinter ihm her? Wer sind die Leute? Warum helfen wir ihm denn nicht? Geben wir ihn weg?
Mir bricht das Herz. Den ganzen Flug über bin ich ein einziges Nervenbündel. Ich kann mich nicht konzentrieren, mag nix essen. Ich erwische mich sogar dabei, wie ich angestrengt lausche, ob ich ihn aus dem Frachtraum jaulen höre. Wäre zwar nicht schön, aber so wüsste ich, dass er am Leben ist. Wie zu erwarten höre ich aber nichts. Es ist einfach zu laut. Bleibt mir also nichts anderes übrig, als mich in Horrorszenarien zu verlieren. Es ist lediglich meiner Selbstdisziplin und der Vernunftstimme in meinem Kopf geschuldet, dass ich darüber nicht in Tränen ausbreche. Nah dran bin ich trotzdem.
Als wir endlich landen, kann ich es nicht erwarten, ihn so schnell wie möglich wieder in die Finger zu bekommen. Ich schnauze Tino in einer Tour an, dass er die Maske richtig aufsetzen und sich an die Abstandsregeln halten soll. Ich möchte wegen so einem Kinderkram nicht aufgehalten werden. Ich will zu meinem Hund!
In der Gepäckhalle suchen wir uns einen ab, weil nirgends ausgeschildert ist, wo man sein Sperrgepäck herbekommt. Ein Mitarbeiter klärt uns auf, das sei irgendwo bei Band 7. Wir laufen die komplette Halle also wieder zurück und da hören wir ihn auch schon fiepen, bevor wir ihn sehen: Durch eine unscheinbare Stahltür wurde seine Kiste hereingebracht und steht da jetzt dumm rum, während er alle vorbeilaufenden Passagiere hilflos anfiept. Ich bin in meinem Leben noch nie so schnell gerannt und vor der dummen Plastikbox auf die Knie gefallen wie in dem Moment. Feivel fiept zwar immernoch, als er uns sieht, diesmal aber mehr nervös als verzweifelt. Ohne weiter darüber nachzudenken, lasse ich ihn aus der Kiste raus, damit er hektisch von rechts nach links laufen und den Stress abbauen kann. Ich taste ihn und die Kiste natürlich auch erstmal gründlich ab, ob sie kalt sind. Das war eine meiner Horrorvorstellungen: dass er furchtbar friert. Aber tatsächlich ist alles angenehm warm. Dass ich ihn vor lauter Glück gerne in den Arm nehmen und zu Brei knuddeln mag, geht meinem Vierbeiner gekonnt sonstwo vorbei. Niemals nie nicht will er in die Kiste zurück! Stattdessen tigert er nervös fiepend um uns herum und hechelt und wedelt ohne Unterlass. Ich bin glücklich. Er sieht zwar nicht glücklich, dafür aber gesund und sehr lebendig aus. Ist also alles gut gegangen.
Circa 2 Stunden später finden wir drei uns in Piräus, der Hafenstadt bei Athen, ein. Dort haben wir uns eine Unterkunft für die Nacht gebucht. Nochmal wollen Tino und ich die Nacht nicht auf irgendeiner Parkbank verbringen. Mit Hund ist uns das zu doof. Als wir uns in der Unterkunft ins Bett hauen, haben wir uns alle genug beruhigt, um schlafen zu können. Auch, wenn Feivel noch circa 2 Tage lang nervös ist. Egal, wer sich von uns wegbewegt: Es wird hinterhergefiept. Feivelchen hat richtig Verlustängste aufgebaut bei dem Flug. Gott sei Dank ist das mittlerweile aber wieder weg.
Den nächsten Tag verbringen wir entspannt am Hafen von Piräus in der Sonne. Die Fährtickets buchen wir diesmal mit Kabine – damit der Hund nicht weggesperrt werden muss. So kann er bei uns bleiben. Weil wir einen triftigen Grund nachweisen können, nach Kreta zu wollen, dürfen wir sogar an Board. Zu meiner Freude hat unsere Kabine ein eigenes Bad! Die Übernachtfahrt nach Kreta ist unspektakulär.
Auf Kreta angekommen, sortieren wir unsere sieben Sachen und warten am vereinbarten Treffpunkt darauf, dass die Zeit vergeht und wir unser Mietauto bekommen. Lustigerweise erkennt uns der nette Herr, der das Mietauto bringt, sogar wieder. „Habt ihr nicht schon Mal ein Auto bei uns gemietet?“, fragt er. „Sogar schon zwei Mal.“, antworte ich breit grinsend. Das ist aber auch die beste Autovermietung Kretas, wie ich finde: Monzacars! Sehr günstig und die haben eine unschlagbare 0-Risiko-Versicherung. Die deckt einfach ALLES ab. Wenn man wollte, könnte man die Karre praktisch abfackeln und bekäme anstandslos eine neue gestellt. Außerdem haben die keine Kilometerbegrenzung drin, was wir sehr schmackhaft finden. Wir zahlen für das Auto nur ungefähr 100€ die Woche – Versicherung inklusive.
Während wir also das Auto mit den großen Rucksäcken und Feivels gigantischer Transportbox beladen, beobachte ich aus dem Augenwinkel, wie der Vermietungsfritze Feivel glücklich durchflauscht. Das freut mich mega. Ist ja hier nicht ganz so normal wie in Deutschland, dass Menschen Hunde gut finden. Umso mehr freut mich, als er uns eröffnet, dass wir uns wegen des Hundes im Auto auch keine Gedanken machen brauchen. Der darf einfach auf die Rückbank und gut ist. Glücklich, endlich WIRKLICH reisebereit und auf Kreta angekommen zu sein, peilen wir als erstes den Dogshelter an.
Das hat mehrere Gründe:
- Ich will meine Süße wiedersehen!
- Wir wollen gucken, ob der Shelter noch steht.
- Wir wollen Niko in Erinnerung rufen, dass wir bald wieder da sind.
- Wir müssen Zeit schinden.
Letzteres, weil wir uns mit Mo treffen wollen. Er ist ein Freiwilliger, den wir letztes Mal im Shelter kennengelernt haben. Netter Berliner, der seitdem im Shelter gearbeitet hat und jetzt irgendwo an der Südküste Kretas chillt. Er hat uns aber immer noch nicht gesagt, wo genau. Also können wir auch noch nicht losfahren.
Der Shelter hat sich ziemlich verändert, sage ich euch! Es sieht toll aus. Aber auch ziemlich voll. Mehr darüber erzähle ich aber, sobald wir ab 10.4. selber dort sind. Dann gibt’s auch Bilder!
Nach einem kurzen Hi-Bye mit Niko im Shelter machen wir uns endlich auf den Weg und treffen dann in Diskos (keine Ahnung, warum das von allen so ausgesprochen wird – auf dem Ortsschild steht nämlich „Dytiko“) auf Mo und Fee, Maya und Marco. Letztere drei sind ebenfalls Freiwillige aus dem Shelter, die dort bis vor kurzem gearbeitet haben. Wir gehören also alle zur Bronx-Familie. Und genauso fühlt es sich auch an. Wie ein Familientreffen mit Leuten, die man gerade erst kennenlernt. Sehr witzig!
Der Strand, an dem wir uns befinden, ist ein FKK-Strand. Dort leben ein paar Menschen in improvisierten Holzhütten. Wild campen ist auf Kreta – wie in ganz Griechenland – eigentlich verboten, wird speziell an diesem Strand aber seit ca 20 Jahren von den Behörden geduldet. Und die Menschen, die dort leben, haben etwas von Mitgliedern einer Kommune. Man kennt sich, ist offen für Besucher, unterhält sich gerne, musiziert abends zusammen bei selbstgekochtem Essen. Die Unterhaltungen drehen sich bunt gemischt um Kräuter der Region, alternative und natürliche Heilmethoden, Musik, Essen, Jobs, Politik. Es ist toll! Wir haben viel Spaß.
Leider ist es mir trotz Frühling etwas zu frisch. Es ist windig und besonders Nachts ist es mir schlicht und ergreifend zu kalt-klamm und ungemütlich, um im Zelt zu schlafen. Außerdem gibt’s keine Toiletten. Dafür aber Flöhe. Die hat sich Feivel bei der Kolonie Katzen, die dort leben, eingefangen. Mir steht der Sinn nach etwas mehr Luxus. Ein Bett wäre nett. Noch netter wäre eine warme Dusche. Und vielleicht auch ein Kühlschrank. Ist aber kein Muss.
Nach 5 Tagen werfe ich das Handtuch und suche Tino und mir eine Unterkunft. Die finden wir auf AirBnB auch schnell. Unweit von Diskos in Agia Galini. Dort überzeugt mich ein kleines 2-Zimmer-Apartement mit 4 Betten, Balkon, Küche und Bad direkt am Meer. Hund erlaubt. Alles für gerade mal 14€ die Nacht. Da müssen wir auch nicht lange überlegen.
Seitdem haben wir hier unsere Basisstation. Von hier aus fahren wir überall hin. Nach Dytiko und an den Strand vom Tymbaki, Freunde besuchen. Einkaufen in Mires. Gegend erkunden in Matala. Die raue Küstenlandschaft genießen in Agia Georgios. Und dazwischen? Gammeln in unserer schönen Unterkunft. Ich habe einen Laptop-Arbeitsplatz, wo ich meine Geschichten und die Blogeinträge schreiben kann. Ich lese viel. In anderthalb Wochen verschlinge ich 8 Bücher. Tino recherchiert viel zu Programmiersprachen. Zusammen liegen wir im Bett und gucken Kung-Fu-Panda, während wir uns mit Feivel die Käseflips teilen. Ich koche Chili con Carne, Tino verköstigt uns mit Menemen.
Ein paar Mal haben wir uns die Frage gestellt, ob wir nicht vielleicht doch lieber etwas mehr MACHEN sollten, während wir hier sind. Statt immer nur Zuhause rumzugammeln. Aber ernsthaft? Wir haben uns bewusst dafür entschieden. Schließlich sind wir ab morgen für einen Monat wieder im Dogshelter. Das macht zwar Spaß, ist aber auch tierisch anstrengend. Deshalb gönnen wir uns das hier. Heute noch ein letztes Mal.
Und nach dem Dogshelter? Da wollen wir noch mehr von Kreta sehen! Den flachen Westen und den grünen Osten. Wir wollen alle sehenswürdigen Strände abklappern. Wollen durch Naturschutzgebiete und archäologische Ausgrabungsstätten. Wollen baden und wandern und albern. Vielleicht auch mal Parasailing machen? Wer weiß …
Einen ersten Eindruck von der Schönheit hier haben wir uns jedenfalls schon mal verschafft. Und wir wollen mehr davon!