Heute besuchen wir Puerto Rico! Wir dachten uns, das reiht sich ganz gut ein:
- Berlin à Eurasische Platte
- Gran Canaria à Afrikanische Platte
- San Fransisco à Nordamerikanische Platte
- Puerto Rico à Südamerikanische Platte
Was man alles ohne Visum sehen kann?!
Ja, okay. San Fransisco und Puerto Rico sind zwei kleine Pupsdörfer hier auf Gran Canaria. Aber hey, in Zeiten von Corona und Reisebeschränkungen muss man eben zusehen, wo man mit seiner Weltreise bleibt! Und da schien uns das doch irgendwie eine abgefahrene und erzählenswerte Alternative zu sein. Eben Michi-und-Tino-Style!
San Fransisco war übrigens ein 20-Seelen-Dorf und NULL sehenswert. Gab nicht mal Brücken da. Aber dafür superenge Sackgassen, aus denen das Herauskommen ein echter Akt war! Wir schmissen uns in unseren roten Flitzer und umrundeten die halbe Insel auf dem Weg nach Puerto Rico. Die Strecke dauerte von Las Palmas aus gerade mal eine dreiviertel Stunde. Keine Ahnung, was sich alle immer über ewiglange Reisezeiten beschweren 😉
In Puerto Rico angekommen, rennen wir beim Aussteigen erstmal gegen eine Wand. Da merkt man dann doch den Unterschied zwischen dem Norden und dem Süden der Insel. Als wir aus Las Palmas los sind, waren es um die 20°C und bewölkt – also sehr angenehm. Hier in Puerto Rico allerdings hat es an die 40°C. Die Sonne knallt mit geballter Wucht auf unsere Köpfe und kein Wölkchen trübt das helle Blau des Himmels. Puerto Rico ist eine kleine Stadt. Sie ist zwischen zwei Bergkämmen gelegen und zieht sich etwas in die Länge. Wir haben ungefähr auf halber Strecke einen Parkplatz gefunden und gerieten bei den Temperaturen erstmal in Schnappatmung. Nachdem das Ticket gezogen und die Masken brav aufgesetzt waren, stiefelten wir los.
Ich beschließe, dass es mal Zeit wird, mit Mama zu telefonieren. Wir haben da was ausgetüftelt, wie es mit unserer Reise weitergehen soll. Das ist aber alles noch nicht in trockenen Tüchern, weshalb ich ihre Meinung und Hilfe benötige.
Während ich da also mit Mama telefoniere, schlumpft Tino hinter mir her und mimt den „Hans-Guck-In-Die-Luft“. Er schaut mal hier und mal da, bleibt irgendwann auch an einer Werbetafel stehen und besieht sich die Angebote. Ich laufe derweil weiter, weil ich gerade eh telefoniere und dafür ja nicht unbedingt in der prallen Sonne stehen muss. Nebenbei habe ich ein halbes Auge darauf, meinen Mann nicht zu verlieren. Wer mal mit ihm unterwegs war, weiß wahrscheinlich, was ich meine.
Wir erreichen wenige Minuten später einen süßen kleinen Park. Anders als in Berlin gibt es hier aber nicht viele kleine Bäume. Hier stehen stattdessen genau acht große Bäume. Der Stamm verzweigt sich schon bodennah sehr stark bei dieser Art und sie haben ein großes, ausladendes Blätterdach. Der Schattenwurf hilft gegen das konstante Brennen auf unserer Haut. Ich beobachte also telefonierenderweise Tino, der mit langsamen Schritten aufholt. Plötzlich kommt von rechts ein Mann angerannt und spricht Tino an. Ich bin etwas verwirrt davon, aber nicht all zu sehr. Keine Ahnung, wie Tino das immer macht, aber er wird ständig angesprochen. Ich bewundere das jedes Mal. Und auch heute stellt sich das mal wieder als unschätzbar wertvolles Talent von Tino heraus! Der Mann ist niemand geringeres als der Besitzer der Firma, dessen Werbeplakat sich Tino vorhin ausgiebig angesehen hat. Er hat Tino und sein Interesse gesehen und ist ihm kurzerhand auf seinem Motorrad gefolgt, um ihn anzusprechen und persönlich für seine Firma zu werben. Und was er uns unterbreitet, klingt wirklich attraktiv! Er hat einen Katamaran. Mit diesem bietet er 5-stündige Delfin- und Wal-Beobachtungstouren an. Darin inklusive ist das Halten in bestimmten Buchten zum Schnorcheln sowie alles an Essen und Getränken. Der Spaß kostet – laut Plakat vorhin – 85€ pro Person. Er bietet es uns allerdings für 50€ pro Nase an. Meine liebste Verhandlungstaktik beläuft sich von jeher auf ‚Schweigen, reden lassen und böse gucken‘. Auch dieses Mal wirkt sie Wunder und er geht tatsächlich noch Mal mit dem Preis runter. 40€ pro Kopf! Bei allem, was wir bis jetzt in die Richtung gesehen haben, ist das ein unschlagbar günstiges Angebot. Also sagen wir prompt zu. Leider möchte er uns für Montag einbuchen, was problematisch ist, da wir das Auto ja nur bis Sonntagabend gemietet haben. Und die Strecke von Las Palmas nach Puerto Rico ist nichts, was man zu Not auch mal eben zu Fuß bewältigen könnte. Ich wäre gerne auch Montag gekommen. Ich habe keinen Anlass, ihm das Leben schwer zu machen. Aber leider geht das eben nicht.
Wir sehen dem Mann eine Weile zu, wie er durch die Gegend telefoniert und sichtlich mit sich ringt. Die derzeitigen Corona-Maßnahmen und der ausbleibende Tourismus-Strom machen es dem armen Mann vermutlich sehr schwer, sich über Wasser zu halten. Er sieht, dass er uns mit seinem Angebot bereits an der Angel hat, kommt an die Einnahmen aber nur, wenn er eine Buchungsänderung über die Bühne bekommt. Ich empfinde spontan Mitleid mit ihm. Wie mit allen anderen Menschen, die weltweit auf die Einnahmen aus dem Tourismus angewiesen sind. Diese Menschen lassen sich nichts zu Schulden kommen und kommen dennoch in arge Bedrängnis. Wir fragen ihn und er bestätigt uns, dass er das Boot nicht mehr ausgelastet fahren lässt, weil er es eben nicht darf. Die Fahrten rentieren sich also so schon kaum für ihm. Tatsächlich schafft er es aber und kriegt uns in der Gruppe am Sonntag mit eingebucht. Ich freue mich. Klar, für uns auch. Aber besonders für ihn. Es ist schön, dass wir eine Geschäftsbeziehung eingehen konnten, die beide Parteien glücklich stimmt. Er hat seine Einnahmen und wir haben ein wundervolles Angebot für ein unvergessliches Erlebnis!
Wer mich kennt, weiß, dass ich Realist bin: Ich glaube nicht wirklich daran, dass wir Wale, Delfine und Meeresschildkröten zu Gesicht bekommen werden. Das klingt in der Werbung ganz toll, aber schlussendlich ist es ja nicht so, dass Tierchen nur auf das nächste Touriboot warten. Allerdings freue ich mich auf gemeinsame Zeit mit Tino. Bei wundervollem Wetter auf offener See mit Stopps zum Schnorcheln und All-You-Can-Drink-And-Eat. Und für 25€ pro Nase extra können wir sogar Parasailing machen! Wir können uns also am Fallschirm hinter dem Boot herziehen lassen. Ich würde sowas ja schon sehr gerne mal machen. Wir behalten es uns aber vor, das spontan zuzubuchen, wenn wir Lust haben. Allerdings freue ich mich am meisten auf das Schnorcheln!
Wir haben uns bei Decathlon Schnorchelmasken gekauft. Diese bedecken das gesamte Gesicht und der Schnorchel ist so gebaut, dass man Luft ausatmen kann, aber kein Wasser in die Maske eindringt. Sogar untertauchen kann man damit! Anders als bei einer gewöhnlichen Taucherbrille hat man auch ein sehr breites Sichtfeld. Wir haben die Masken schon ausprobiert und sind positiv davon überrascht. Selbst am belebten Strand habe ich damit einen wunderschönen, relativ großen Fisch entdecken und einige Zeit verfolgen können. Die Schönheit war ca. handgroß, opaleszent-weiß und hatte hellblaue Streifen am Körper. Und ganz ehrlich: Wenn ich auch nur einen weiteren hübschen Fisch beim Schnorcheln entdecke und verfolgen kann, hat sich der Ausflug für mich bereits gelohnt! Es macht einfach unheimliche Freude. Und der nette Mann hat versprochen, einsame Buchten anzufahren, also male ich mir meine Chancen gar nicht so gering aus.
Nachdem wir das Ticket gegen kleinen Vorschuss bekommen haben – Rest wird bei Tourbeginn bezahlt – laufen wir weiter in Richtung Meer. Der Strand von Puerto Rico ist nicht groß, aber sehr schön. Vor allem für Familien mit kleinen Kindern scheint es hier super zu sein, schließlich gibt es kaum Wellengang.
Direkt daneben erstreckt sich ein kleiner Hafen, in dem alle möglichen Touri-Boote anliegen. Whale-Watching, Party, Sportangeln. Für jede Vorliebe gibt es hier Boote und alle sehen sie top in Schuss aus. Am Hafen kehren wir in einem kleinen Restaurant ein und gönnen uns ein kühles Getränk gegen die immer schlimmer werdende, schwüle Hitze. Leider hilft das nur sehr bedingt. Nämlich genau solange man im Schatten sitzt. Da mein werter Gatte aber bekanntlich Hummeln im Hintern hat, sind wir schneller wieder aus dem Lokal raus als es mir Recht gewesen wäre… Wir sehen uns den Hafen an, laufen zurück zum Strand, statten einem Spar einen Besuch ab. Mit den erbeuteten Einkäufen setzen wir uns in den Park von vorher und futtern eine Runde. Heißt: Tino futtert. Michi gönnt sich ihren Cider und füttert mit Brotresten von Tino die Tauben.
Die Tauben hier sind übrigens deutlich hübscher als unsere zerrupften Berliner Stadt-Exemplare. Und ich freue mich wie ein Kind daran, sie mit den Brotkrumen immer näher an mich heran zu locken. Wir haben sogar das unglaubliche Glück und erleben, wie eine der Tauben nicht einmal einen Meter von uns entfernt ihren Balztanz aufführt. Ich bin hin und weg! Ich kenne die Geräusche, die die Tauben dabei machen. Wer kennt die nicht? Sie klingen ein wenig wie der Ruf einer Eule. Aber ich habe bis zu diesem Moment noch nie GESEHEN, wie diese Geräusche entstehen. Die Taube plustert sich ordentlich auf und verneigt sich dann bei jedem Ton so tief vor der angebeteten Dame, dass der Schnabel sogar den Boden berührt. Wäre ich selbst eine Taubendame – ich wäre beeindruckt von dem Gebaren dieses Männchens! Nur leider bin ich keine Taube und der Herr weigert sich strikt, sich für seine Vorstellung von mir mit Brot bezahlen zu lassen. Also machen sich eben alle anderen darüber her, die gerade nicht in den Paarungstanz involviert sind.
Nach diesem Moment der Zweisamkeit mit den Tauben gehen Tino und ich zurück zum Auto, da es Zeit für ein neues Parkticket wird. Auf dem Weg kommen wir an einer kleinen Spielhalle vorbei. Als ich es sehe, breitet sich ein Grinsen auf meinem Gesicht aus, das einem Kernreaktor gleichen muss: DIE HABEN AIRHOCKEY!!!!
Ich will unbedingt gegen Tino spielen! Ich bin zwar nicht sonderlich versiert darin, aber es macht mir einen Heidenspaß! Leider würgt Tino meinen Enthusiasmus schnell ab. Er will sich jetzt noch eine Weile die Stadt ansehen. Mäh. Ich gebe mich geschlagen und watschel hinter ihm her. Schließlich durfte ich eben schon Tauben füttern, also darf er jetzt wieder einen Wunsch äußern…
Tino hat das nächste Ziel auch schon genau im Blick: Eine nahegelegene Mall, an der wir vorhin vorbeigefahren sind. Dort gab es einen Brunnen, den er zur Erfrischung nutzen will. Der Weg dahin ist allerdings deutlich länger zu laufen als wir ihn eingangs gefahren sind.
Zwischendrin kommen wir an den kahlen Überresten der – vermutlich – vormaligen Einkaufspassage vorbei. Hier werden die oberen Etagen gerade renoviert. Im Erdgeschoss allerdings haben die Geschäfte weiterhin geöffnet. Nach ca. 15 Minuten passieren wir dort eine weitere Spielhalle. Von meinem traurigen Blick erweicht, erklärt sich Tino endlich bereit, gegen mich Airhockey zu spielen. Wie nicht anders zu erwarten, zieht er mich gnadenlos ab. Weiter hinten steht allerdings ein Airhockey-Tisch, der an den Rändern etwas hochgebogen ist. Auf die Art kommt eine ganz neue Dynamik in’s Spiel, die ich gerne probieren möchte. Glücklicherweise muss ich Tino dieses Mal nicht überreden. Auch er ist angetan von dem Design und will sich daran versuchen. Was danach passiert, hat allerdings keiner von uns erwartet: Ich gewinne. Haushoch. 9:1 beträgt der Spielstand am Ende zu meinen Gunsten und ich bin so sehr damit beschäftigt, mich darüber zu wundern, dass ich beinahe vergesse, mich zu freuen.
Ich bin dermaßen beflügelt, dass ich Tino völlig euphorisch weiter zur Mall folge. Meine Glücksgefühle halten dann aber nur ca. 5 Minuten an. Denn dann rennen wir schon wieder gegen diese Wand aus sengender Hitze als wir die Passage verlassen.
Ich beschließe, dass Tino mein Gequängel nicht verdient hat. Er ist ein guter Kerl. Also laufe ich still leidend, krass schwitzend, unter Schmerzen und etwas unglücklich hinter ihm her. Nachdem es mir mit jeder Minute zunehmend schlechter geht, komme ich zu einem Schluss: Ich muss einen Sonnenstich haben. Mir schwirrt der Schädel, mein Kreislauf macht komische Sachen, ich fühle mich alles in allem hundeelend. Als ich Tino an meiner Erkenntnis teilhaben lasse, sieht er aus, als würde er gleich die Infanterie mobilisieren. Ich kriege ihn aber beruhigt: Ich brauche nur etwas zu trinken und einen schattigen Fleck. Dann etwas Ruhe und das wird schon wieder. Er besorgt mir also Wasser, verfrachtet mich in’s Auto und wir begeben uns auf die Heimreise. Wir kommen noch mal an Plinges vorbei und legen dort Halt ein, um mir auch eine Basecap zu besorgen. Damit das nicht noch mal passiert.
Zuhause schlafe ich dann relativ fix ein.