Gestern haben Tino und ich einen letzten, irgendwie entspannten Tag eingelegt.

Nachdem wir dick ausgeschlafen haben, sind wir Wäsche waschen gegangen. Wir haben hier, direkt eine Querstraße weiter, einen kleinen Waschsalon. Also schulterten wir unsere gesamten Klamotten und statteten dem kleinen Laden einen Besuch ab. Eigentlich waren wir davon ausgegangen, dass reger Betrieb herrschen würde. Kennt man ja: Sonntag ist Waschtag. Tatsächlich war es aber absolut leer. Nur wir und spanische Anleitungen zur Bedienung der überdimensionierten Maschinen.

Seit ein paar Tagen bereiten uns spanische Anleitungen aber keine Angst mehr. Es gibt da nämlich eine tolle App! ‚Google Lens‘ heißt die neue Schönheit auf meinem Handy und sie macht das Übersetzen jeder Sprache spielend leicht! Einfach App öffnen, Kamera auf den Text richten und Schwupp, legt sich eine deutsche Übersetzung über das Bild! Das ist a) saupraktisch, b) kinderleicht und c) durchaus amüsant, wenn man sich so manche Übersetzung mal ansieht. Da ist leider auch Google nicht vor witzigen Schnitzern gefeit. Die App verrät uns also nun, dass wir die Maschine beladen, das Programm auswählen, dann am zentralen Automaten bezahlen und die Wäsche starten sollen. Und weil das so kinderleicht geht, schmeißen wir die Wäsche direkt im Anschluss in den Trockner. Eine Stunde später sind unsere gesamten Klamotten für nur 10 Euro gewaschen und getrocknet!

Wir hätten unsere Wäsche vermutlich auch einfach auf das Dach unserer Unterkunft schleppen können und da aufhängen. Der Wind und die Sonneneinstrahlung hier hätten ihr übriges in sehr kurzer Zeit getan. Allerdings ist der Wind echt kräftig und wir haben keine Wäscheklammern. Wäre an sich ja kein Problem, aber ich hatte doch nicht so recht Lust, meine Schlüpfer am Ende von der Straße sammeln zu müssen…

Nachdem wir diese erwachsene Aufgabe erledigt hatten, sind wir mit frisch zusammengelegten Klamotten wieder heim und haben uns dafür mit je einem Gläschen Martini on the Rocks belohnt! Ja, dieses Verhalten ähnelt mehr so einem Jugendlichen. Aber wenigstens sind wir der Tendenz treu geblieben! Wir haben es uns nämlich nicht nehmen lassen, anschließend noch mal zum Strand zu watscheln und uns wie Kleinkinder zu benehmen!

Wir haben ja – wie bereits erwähnt – einen kleinen Strand in direkter Nähe. Weil der Strand hier eine Art Bucht säumt, ist der Wellengang minimal. Das ist die perfekte Gelegenheit für uns, die Blödeleien aus Kindertagen wieder aufleben zu lassen! Es ist schier alles dabei: Schwimmen, tauchen, balgen, sich gegenseitig unterstuken, im Wasser Handstand machen, sich gegenseitig im Sand einbuddeln und natürlich DIE Kinderaktivität schlechthin: Kleckerburgen bauen!

Es war einfach nur himmlisch! Besonders witzig war es, dass irgendwann ein paar sehr neugierige Kinderaugen auf uns lagen und uns hochinteressiert beim Kleckerburgen-Bauen beobachtet haben. Als hätten sie das noch nie gesehen oder gemacht! Also, liebe Kinder: Jetzt wisst ihr es. Ich hoffe, diese ehrenwerte Tradition lebt auch auf den Kanaren bald wieder auf und erfreut sich derselben Beliebtheit wie bei uns.

Irgendwann sind wir dann aber wieder heim und haben uns erstmal kräftig die Unmengen an Sand aus den Unterhosen gespült. Es ist ja immer wieder der helle Wahnsinn, was man da so mitnimmt! Ich frage mich schon, wie das da alles reinpasst… Das ist eines der großen Mysterien dieser Welt, schätze ich. So ähnlich wie einzelne Socken, weil JEDE Waschmaschine sich an Socken erfreut und sie einfach behält.

Frisch geduscht ziehen Tino und ich dann los zu einem Laden, den Tino nach intensiver Recherche für unser nächstes Abenteuer ausgesucht hat: CICAR! Wir wollen nämlich ein Auto mieten und die Insel etwas erkunden. Schließlich waren wir jetzt lange genug faul. Das war zwar nötig, reicht dann aber auch wieder mit dem Rumgammeln.

Da wir bei Cicar online nicht alle Infos gefunden haben und noch ein paar Fragen zu Kaution und Zahlart haben, spazieren wir also zu dem Laden und holen uns die nötigen Infos ab. Auf dem Rückweg entdecken wir einen kleinen, bezaubernden Bäcker. Die Torten und Kuchen in der Auslage sehen dermaßen lecker aus, dass wir nicht widerstehen können. Jeder kauft sich ein Gebäckstück und wir treten schlussendlich die Heimreise an.

Dort angekommen, machen wir uns eine Tortilla. Bei den Spaniern handelt es sich dabei und eine Art Omelette mit Kartoffeln und Zwiebeln. Ist also nicht mit den Maismehlfladen der Mexikaner zu verwechseln! Nach Abendbrot und einem dermaßen erfüllten Tag fallen wir rechtschaffen knülle in’s Bett.

Ich habe ja seit ein paar Tagen etwas Angst, neben Tino zu schlafen. Der Gute hat mich nämlich vor einiger Zeit mal nachts ganz schön auf Trab gehalten. Er hat mich andauernd geweckt! Und zwar immer genau beim Einschlafen! Erst entließ er eine beeindruckende Flatulenz in die Freiheit, bei der ich mich dermaßen erschrocken habe, dass ich aufrecht im Bett saß. Dann dreht er sich wie beleidigt von mir weg und schreit – im Schlaf (!) – laut ‚NEIN!‘ durch das Zimmer. Und zu guter Letzt wollte er wohl für ein bisschen Körperkontakt nach mir greifen. Unglücklicherweise landeten seine Finger dabei schwungvoll in meinem Gesicht… Freunde, das war wirklich keine sehr erholsame Nacht, das kann ich euch flüstern!

Dankenswerterweise benimmt er sich diese Nacht allerdings. Als der Wecker klingelt, sind wir beide so schnell wach und aufgedreht wie schon lange nicht mehr. Keine Ahnung, wo diese Freude über die Automiete herkommt, aber vermutlich ist das der Aktionismus, der sich langsam Bahn bricht. Wir räumen also unser Zimmer her, damit die nette Verwalterin es beim Putzen etwas leichter hat, machen uns frisch und stiefeln dann glücklich zum Laden vom Vortag.

Man hatte uns gesagt, dass alles über eine Online-Reservierung läuft. Die haben wir brav abgeschlossen. Dementsprechend schnell geht dann im Laden plötzlich alles über die Bühne. Führerschein vorgezeigt, Miete bezahlt, Unterschrift geleistet, fertig!

Warte … Fertig? Und die Kaution? – Gibt’s nicht. Können wir Tino als zweiten Fahrer eintragen lassen und wenn ja, wie viel kostet das? – Schon erledigt. Sehen Sie sich das Auto nicht mit uns an? – Nö.

Joa … Dann mal auf in’s Abenteuer! Gemietet haben wir einen Opel Corsa. Ist günstig, robust und kennen wir. Wir rechnen also nicht mit bösen Überraschungen. Überrascht sind wir dann allerdings trotzdem. Das Auto vor uns hat mit dem Opel Corsa, wie ich ihn im Kopf habe, nämlich nicht mehr viel gemeinsam.

Da steht ein schmucker, glänzender, roter Flitzer vor uns. Mit 4 Türen. Servolenkung. Klimaanlage. Boardcomputer, elektrischen Fensterhebern. TACHOMAT!!! Wir freuen uns – gelinde gesagt – einen Kullerkeks. Tino fragt mich, ob ich fahren will. Ich frage ihn, ob er noch alle Latten am Zaun hat. Also sind die Rollen schnell verteilt: Tino fährt, Michi macht den meckernden Beifahrer. Den kann ich echt gut! Ich habe schließlich bei der Besten gelernt. Nicht wahr, Oma? Du wärst stolz auf mich gewesen heute! 😉

Kaum, dass wir aus dem Parkhaus raus sind, lege ich los wie ein Vollprofi: Vorsicht, Fußgänger! Du fährst zu schnell! Bleib auf deiner Spur! Nimm die Sonnenbrille ab im Tunnel! Die Ampel war rot! Den Sitz stellt man ein, BEVOR man losfährt! Hände an’s Steuer! Hier gilt rechts vor links! Nimm die Kurve nicht so eng!

Dass ich den letzten Satz heute noch öfter sagen würde, habe ich beim ersten Mal noch nicht geahnt… Aber der Reihe nach.

Während ich Tino das Leben schwer mache, schwitzt er neben mir Blut und Wasser, um es mir Recht zu machen. Ich werde eine tolle Ehefrau! Der Fairness halber muss man dazu sagen: Auch, wenn ich nicht selbst fahre, macht mich ausländischer Verkehr doch immer etwas nervös. Die StVO-Michi in mir mag es gerne deutsch und geordnet. Hier auf Gran Canaria geht der Verkehr eigentlich auch noch voll klar. Aber wenn ich an Rom zurückdenke … da wird mir direkt ganz anders. Davor graust es mich im asiatischen Raum ehrlich gesagt auch am meisten: vor dem Verkehr. Ich habe kein Problem mit ‚Toiletten‘, die aus einem Loch im Boden bestehen. Ich esse gerne auch Käfer. Alles schön und gut. Aber bei Rot über die Ampel fahren? Die Spurbegrenzung ignorieren?? Die zulässige Höchstgeschwindigkeit missachten??? Von TÜV-geprüfter Sicherheit der fahrbaren Untersätze will ich gar nicht erst anfangen… Verglichen mit den alptraumhaften Bildern in meinem Kopf fährt Tino wie ein junger Gott.

Mein junger Gott und ich haben schnell beschlossen, was wir heute machen wollen: Wir verschaffen uns einen Überblick. Und zwar, in dem wir unsere schöne, kanarische Hauptinsel einmal umrunden! Tino wollte gegen den Uhrzeigersinn, also lotse ich ihn entsprechend. Noch schnell getankt und dann nichts wie ab, die Küste entlang! Rechts von uns der grenzenlose Ozean, links die rauen Felsen der Insel. Tino hat sein Handy unter die Windschutzscheibe geklemmt und dreht ein Video im Zeitraffer. Wir fahren und entdecken neben der Landschaft auch unsere gemeinsame Liebe zu Autoreisen wieder. Unser Gespräch zieht mitsamt dem Anblick der Umgebung an uns vorbei. Fasziniert betrachten wir die weitläufigen Felder voller Bananenstauden. Die werden hier nämlich vor Ort angebaut! Bananen kann man hier also getrost verputzen – sind ja regional.

Irgendwann erreichen wir dann ein Naturschutzgebiet. Im Westen der Insel gibt es ein paar sehr hohe Berge, die auf Sattelitenbildern optisch durchaus an den Begriff ‚Knautschzone‘ denken lassen. Diese Berge sind relativ kahl, aber äußerst imposant! Nur leider macht die Straße vor uns genau das, was sie in (spanischen) Bergen immer macht: Sie schlängelt sich wie in den bekannten Serpentinen in engen Kurven aufwärts. Und so sehr ich Tino beim Fahren hin und wieder auch anmeckere, so kann er doch eine Sache ausgesprochen gut: Serpentinen fahren! Deshalb erkläre ich ihn kurzerhand zu Serpentino. Meinem neuen, persönlichen Schutzgott.
reverse BaumgrenzeWie wir da durch die Berge fahren, genießen wir die atemberaubende Aussicht. Die Berge sind schrecklich kahl, wir können jedoch eine Baumgrenze ausmachen. Nur ist irgendwas schräg daran. Und dann fällt es uns auf: Es ist eine Baumgrenze reverse: Die Bäume wachsen hier nämlich erst OBERHALB einer bestimmten Höhe. Keine Ahnung, nach welcher Logik das funktioniert, aber es sieht irgendwie witzig aus.

In diesem riesigen Naturschutzgebiet kommen wir sogar an ein paar winzigen Dörfern vorbei. Das veranlasst uns zum Philosophieren: Wenn die ‚mal eben schnell einkaufen‘ wollen, bedeutet das eine mindestens einstündige Fahrt durch die Serpentinen. Und wenn man auf dem Weg sterben sollte … Wir sind uns einig, dass „Starb, als er kurz Toilettenpapier kaufen wollte“ echt blöd kommt auf einem Grabstein.

Ab einem gewissen Punkt verlassen wir das Naturschutzgebiet. Interessanterweise ändert sich an der Landschaft rein optisch absolut nix. Sieht genauso trocken und trostlos aus. Allerdings tauchen plötzlich überall Kakteen auf. Die wuchern hier wie Unkraut. Auch, wenn ein paar von denen verdörrt sind. Tino macht das irgendwie traurig, aber ich mache ihm klar, dass das in etwa so merkwürdig klingt, als würde ein Touri in Deutschland darüber jammern, dass die Brennnesseln vertrocknet sind. Das ist halt einfach Unkraut. Auch, wenn man Brennnesseln prima futtern kann.

Aber dasselbe gilt auch für die Kakteen hier. Die tragen nämlich alle Früchte! Kaktusfeigen ohne Ende! Und da wir es in Deutschland nicht anders machen würden, beschließen Tino und ich kurzerhand, welche zu pflücken, um sie zu probieren.Kaktusfeigen

Leider gestaltet sich das schwieriger als erwartet: Wir finden nirgends eine geeignete Stelle zum Anhalten! Als wir dann endlich eine gefunden haben, finden wir keine Kaktusfeigen, an die wir herankommen würden. Dafür allerdings stellen wir beim Aussteigen aus dem klimatisierten Wagen fest, dass 50°C Außentemperatur ganz schön heftig sind. Über unseren plötzlichen Besuch schockiert, flüchten sogar einige Eidechsen vor uns. So setzen wir uns kaktusfeigenlos zurück in den Wagen und unsere Reise fort.

Die Insel zu umrunden dauert in etwa 3,5-4h. Etwas über drei Stunden nach unserem Aufbruch erreichen wir das Maspalomas und die nahegelegene Playa del Ingles. Tino nennt sie seit seinem Besuch mit der Jungstruppe vor einigen Jahren liebevoll „Plinges“. Und in Plinges finden wir dann auch, was wir in Las Palmas schmerzlich vermisst haben: Touri-Geschäfte!

Ja, genau. So Abzocke-Souvenir-Läden, die man von Touristenhochburgen halt so kennt. In Las Palmas haben wir nicht einen einzigen solchen Laden gefunden, was mich schrägerweise echt traurig gemacht hat. Ich stöbere gerne in solchen Läden herum. Also holen wir das jetzt ausgiebig nach! Magnete gucken, Handtücher inspizieren, Sonnencremepreise bestaunen, Wasserspielzeug begutachten, Shirts anschauen, Souvenir-Stehrumchen bewundern. Und wir finden sogar ein paar Kleinigkeiten!

Eine Poolnudel, wobei wir diese in Ermangelung eines Pools in ‚Meernudel‘ umtaufen. Ein Baseballcap für Tino, damit mein Kartoffelkind keinen Hitzschlag bekommt. Aloe-Vera-Gel, falls uns der Sonnenbrand wieder erwischt.

Michi am Strand essenNach einem ausgiebigen Essen in Strandnähe geht es dann wieder zurück nach Las Palmas. Mit Zwischenstopp bei Decathlon, wo wir uns Taucherbrillen besorgen.

Der weitere Plan sieht einen gemütlichen Abend vor. Leider haben wir die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Denn parken ist hier eine abenteuerliche Angelegenheit. An sich ist das System einfach: Alle Parkplätze haben einen Farbcode. Weiß: kostenloses Parken. Blau: Parkzone, bitte Ticket ziehen. Gelb: absolutes Halteverbot. Und wenn man auf den beengten Straßen keinen Parkplatz mehr findet, gibt es hier an jeder Ecke Parkhäuser. Die haben es allerdings in sich!

In Parkhäusern wird nämlich nach Minuten abgerechnet. Eine Minute kostet hier 35-50 Cent. Das läppert sich. Und zwar heftig. Bei Parkdauern von über einer Stunde gibt es in der Regel aber einen Tageshöchstsatz. Der liegt zumeist bei 20€ für 24h. Und uns ist das definitiv zu heftig. Das käme für uns ja täglich zusammen! Wir recherchieren im Internet, finden aber keine heißen Tipps. Also fahren wir geschlagene ZWEI STUNDEN durch die Stadt und suchen verzweifelt eine günstige Parkalternative. Mittlerweile sind wir schlauer und können einen heißen Tipp geben: Die Parkzonen! Ähnlich wie in Deutschland, muss man in Parkzonen nicht immer zahlen. Einige Parkzonen verlangen kein Ticket für die Nächte und Sonn- und Feiertage. Das ist für uns deshalb praktisch, weil die Höchstdauer für ein Ticket bei 2h liegt. Und wenn man sich für ca. 30 Minuten zur rechten Zeit ein Ticket besorgt, kann man bis zum Folgetag um X Uhr da stehenbleiben. Einziger Haken: Wir müssen darauf achten, unser Auto nach 19 Uhr abzustellen und vor 11 Uhr wieder wegzubewegen. Aber die Zeiten sind human, weshalb wir uns einen Kullerkeks freuen, als wir in einer nahegelegenen Straße diese Entdeckung machen.

Auf die Art steht unser Auto direkt neben unserem Supermarkt, also nah an der Unterkunft dran. Außerdem bezahlen wir nur 50 Cent bis 1€, um das Auto über Nacht stehen zu lassen. Und eine günstigere Alternative ist uns weit und breit nicht untergekommen! Von den ominösen, kostenlosen Parkplätzen mal abgesehen, die wir beide für einen sagenumwobenen Mythos halten. Wir haben nicht eine einzige weiße Markierung gesehen.

Nachdem wir uns für die clevere Park-Strategie wie zwei Helden feiern, laufen wir den kurzen Weg zu unserer Unterkunft. Hier angekommen, gönnen wir uns eine kalten Tinto de Verano und stoßen auf meinen Opa an, der heute seinen 69. Geburtstag feiert. Da uns der der Strand in Maspalomas so gut gefallen hat und Tino noch etwas in Erinnerung an seinen Jungsurlaub schwelgen möchte, haben wir auch bereits das morgige Tagesziel bestimmt: Baden in Plinges! Vermutlich erwartet uns dort der nächste Sonnenbrand.